Mercedes-Benz Musterfeststellungsklage

Autokäufer erhält mehr Schadensersatz als er bezahlt hat

Abgasskandal Urteil gegen Daimler.

Illegale Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeugen sind eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung. Betroffene Autokäufer haben daher Anspruch auf Schadenersatz. Dieser Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs folgte auch das Landgericht Bonn: Daimler muss dem Käufer eines Mercedes fast 59.000 Euro Entschädigung zahlen – mehr als der Geschädigte ursprünglich für den Geländewagen gezahlt hatte. Ein Erfolg für den Autokäufer – und für Rogert & Ulbrich.

Wenn es um die Entwicklung illegaler Abschalteinrichtungen geht, beweisen die Automobilhersteller erstaunliche Kreativität. Das zeigt u. a. der Fall eines Mercedes Benz GLK 220 CDI 4matic Blue Efficiency mit OM 651-Dieselmotor, den ein Autokäufer 2012 für etwa 55.500 Euro erworben hatte.

„Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung“ funktioniert nur auf dem Prüfstand

Die Steuerungssoftware des Geländewagens aktiviert eine sogenannte „Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung“, die den Kühlmittelkreislauf weiter herunterkühlt, die Erwärmung des Motoröls verzögert und so den Stickoxidausstoß verringert. Das Fahrzeug ist sauber, die NOx-Grenzwerte werden eingehalten. Allerdings nur auf dem Prüfstand. Auf der Straße wird die Funktion deaktiviert und der Diesel zur Dreckschleuder. Betroffen sind Mercedes-Modelle mit OM 651- und OM 642-Motoren, neben GLK 220 CDI 4Matic auch Modelle der C-, E- und S-Klasse.

KBA ordnet Rückruf von 60.000 Geländewagen an

Für Daimler ist diese Softwaremanipulation völlig legal. Nicht so für das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), das dieser Variante einer „Umschaltlogik“ – so der Euphemismus, mit dem Autohersteller ihre Betrugssoftware gerne bemänteln – bereits 2018 auf die Schliche gekommen ist und zunächst für 60.000 GLK 220 CDI einen Rückruf angeordnet hat. 2019 folgte ein weiterer Massenrückruf für Euro-5-Diesel.

Daimler bleibt Argumente schuldig

Einen Auszug aus der Rückrufdatenbank des KBA legte auch der von Rogert & Ulbrich vertretene Käufer des GLK 220 CDI 4matic Blue Efficiency dem Landgericht Bonn als Beleg für das Vorhandensein einer illegalen Abschaltsoftware in Form einer „Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung“ vor. Diesem konkreten Vortrag setzte Daimler lediglich die Behauptung entgegen, dass man eine derartige Abschalteinrichtung bei dem Fahrzeug nicht verbaut habe. Das genügte den Richtern der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn nicht.

Kläger erhält Schadensersatz plus deliktische Zinsen, abzüglich Nutzungsentschädigung

Sie werteten die Manipulationssoftware als sittenwidrig; dem Käufer sei bereits mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden. Ihr Urteil (20.05.2020, Az. 1 O 195/19): Daimler muss das Fahrzeug zurücknehmen und dem Kläger fast 47.000 Euro Schadenersatz zahlen, zuzüglich deliktischer Zinsen in Höhe von knapp 12.000 Euro. Dadurch erhält der Geschädigte rund 4.000 Euro mehr als er seinerzeit für den Diesel gezahlt hatte. Allerdings zog ihm das Gericht in Einklang mit der BGH-Entscheidung eine Nutzungsentschädigung von rund 8.500 Euro für die etwa 54.000 gefahrenen Kilometern ab.

„Wir begrüßen das Urteil, das wir nach dem BGH-Entscheid in dieser Form erwartet hatten. Besonders erfreulich ist, dass das Gericht dem Geschädigten auch die deliktischen Zinsen in Höhe von 4 Prozent zugesprochen hat. Diesen Anspruch haben bereits zahlreiche Landgerichte und Oberlandesgerichte anerkannt. Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu steht allerdings noch aus. Wir rechnen fest damit, dass der BGH im Juli auch in diesem Punkt eine verbraucherfreundliche Rechtsauffassung vertritt, die weitere Geschädigte ermutigt, ihre berechtigten Ansprüche geltend zu machen.“

Partner Dr. Marco Rogert

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