Abgasskandal manipulierter Diesel-Motor

Zykluserkennung, Thermofenster & Co.

Die Tricks der Automobilhersteller.

Um die Abgaswerte ihrer Diesel-Fahrzeuge zu manipulieren, ist den Automobilherstellern fast jedes Mittel recht – und die Behörden lassen sie bislang gewähren. Hier finden Sie einen Überblick über die häufigsten Methoden.

Automobilhersteller unternehmen eine ganze Menge, um den Spritverbrauch zu reduzieren und Emissionen innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte zu halten. Dazu gehören etwa die Nutzung innovativer, gewichtssparender Materialien für leichtere Karosserien und Komponenten, eine effiziente Abstimmung und Optimierung der Motorsteuerung oder auch verschiedene Technologien zur Abgasreinigung. Bei Dieselfahrzeugen, die neben CO2 auch gesundheitsschädliche Stickoxide (NOx) ausstoßen, setzen die Autobauer beispielsweise auf Methoden wie AdBlue-EinspritzungenSCR-KatalysatorenAbgasrückführung  oder NOx-Speicherkatalysatoren.


Diese Technologien sind wirksam, haben allerdings einen Nachteil: Sie drosseln die Motorleistung, lassen Motoren schneller verschleißen und verursachen höhere Kosten sowie einen gesteigerten Wartungsaufwand. Hohe Motorleistungen und Umweltverträglichkeit sind nur mit erhöhtem Aufwand zu haben. Wirksame Katalysatoren machen die Fahrzeuge zwar sauber, aber auch teuer und mindern die Verkaufschancen.

Software-Manipulation statt wirksamer Abgasreinigung

Billiger für die Hersteller sind Software-Lösungen, die die Abgasreinigung bzw. -rückführung unter bestimmten Betriebsbedingungen außer Kraft setzen. Die Folge: Auf dem Prüfstand sind die Diesel sauber, auf der Straße mutieren sie zu Dreckschleudern, deren Emissionen die Grenzwerte oft um ein Vielfaches übersteigen. Laut Verordnung EG 715/2007, Art. 5, Abs. 1 sind Abschalteinrichtungen, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringern, verboten. Doch Art. 5, Abs. 2 sieht Ausnahmen vor: etwa zum Schutz des Motors vor Beschädigung (etwa bei kalten Außentemperaturen), beim Anlassen sowie unter besonderen definierten Bedingungen in Prüfverfahren. 

Autohersteller machen Ausnahmen zur Regel

Diese Ausnahmebestimmungen legen die Autokonzerne äußerst extensiv aus und rechtfertigen illegale Abschalteinrichtungen wie Zykluserkennung oder Thermofenster mit dem Schutz des Motors. Die zuständigen Behörden billigen diese Praxis bis heute. Zwar wurden die Hersteller zu Software-Updates verpflichtet, doch die machen die Fahrzeuge im Realbetrieb auch nicht sauberer. In manchen Fällen steigt der Stickstoff-Ausstoß sogar noch weiter an, wie ein Beitrag des ZDF-Magazins „Frontal 21“ zeigt.
Mit dem fadenscheinigen Argument Motorschutz dürfte bald endgültig Schluss sein. Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat Abschalteinrichtungen für unzulässig erklärt– ebenso wie bereits viele Land- und Oberlandesgerichte. In ihrem Gutachten vom 30. April 2020 (Az. C-693/18) kommt sie zu dem Schluss, dass „nur unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beeinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen, das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung rechtfertigen können“. Das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, rechtfertige den Einsatz einer Abschaltung jedenfalls nicht.  

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