Musterfeststellungsklage gegen Mercedes-Benz: Verbraucherschützer erzielen Teilerfolg

Nach langem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) am 28.03.2024 zugunsten der Verbraucher entschieden (Aktenzeichen: 24 MK 1/21). Im Rahmen einer Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) hat das OLG geurteilt, dass Mercedes-Benz in einigen seiner Dieselmodelle unzulässige Abschalteinrichtungen installiert hat. Dies ist ein beachtlicher Teilerfolg für die Verbraucherschützer und eine herbe Schlappe für Mercedes-Benz am Stammsitz des Konzerns.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, da Mercedes-Benz angekündigt hat das Urteil anzufechten und in Revision zu gehen. Die betroffenen Verbraucher können ihre Schadenersatzansprüche erfolgreich geltend machen, wenn das Urteil vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe Bestand hat.

Hintergrund der Klage

Die Klage der Verbraucherschützer konzentriert sich auf Fahrzeuge mit einem bestimmten Motortyp, die zwischen 2012 und 2016 hergestellt wurden und später von einem Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen waren.

Die Musterfeststellungsklage wurde 2021 eingereicht und das Verfahren begann im Juli 2022. 2.848 Verbraucher hatten sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen. Allerdings kam es zu mehreren Verzögerungen im Prozess, da wichtige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) ausstanden. Diese Entscheidungen waren von entscheidender Bedeutung für den Verlauf und die Ausgestaltung des Verfahrens, weshalb der Prozess mehrmals verschoben wurde, um die Ergebnisse dieser höchstrichterlichen Urteile abzuwarten.

EuGH-Sensationsurteil pro Verbraucher

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied mit seinem Urteil (C-100/21) vom 21. März 2023 pro Verbraucherrechte. Demnach können Verbraucher Schadensersatzansprüche geltend machen, auch wenn nur Fahrlässigkeit und kein Vorsatz seitens der Hersteller vorliegt. Zudem bewertete der EuGH das Thermofenster als rechtswidrig.

BGH folgt der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des EuGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) folgte mit seinem Urteil vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21) der Rechtsauffassung des EuGHs. Der BGH bestätigt, dass Verbraucher auch ohne den Nachweis von Vorsatz oder Sittenwidrigkeit Anspruch auf Schadensersatz haben.

Sittenwidrigkeit oder Fahrlässigkeit?

Stellt ein Gericht Sittenwidrigkeit fest, haben Autokäufer die Möglichkeit, das Fahrzeug an den Hersteller zurückzugeben. In diesem Fall erhalten sie den Kaufpreis abzüglich der bisherigen Nutzung des Fahrzeugs zurück.

Bei fahrlässigem Handeln seitens des Herstellers greift der Differenzschaden: Unter bestimmten Voraussetzungen können die Käufer bis zu 15 Prozent des Kaufpreises zurückerhalten, ohne ihr Fahrzeug zurückgeben zu müssen. Diese Regelung ermöglicht es den Käufern, eine finanzielle Entschädigung für den erlittenen Schaden zu erhalten, ohne das Fahrzeug aufgeben zu müssen.

Teilerfolg aber keine direkte Schadensersatzverurteilung

Das OLG Stuttgart bestätigt mit seinem aktuellen Urteil die Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), dass in den betroffenen Euro 6- und Euro 5-Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen installiert sind. Jedoch wies das Stuttgarter Gericht auch einige Teile der Klage ab. Es stellte fest, dass zwar von den angeklagten Mitarbeitern billigend in Kauf genommen wurde, dass die Fahrzeuge mit unrechtmäßigen Systemen ausgestattet waren. Jedoch konnte das Gericht kein vorsätzliches Handeln seitens des Autobauers feststellen, wie es vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) behauptet wurde. Ebenso unterstützte das Gericht nicht die Behauptung der Verbraucherschützer, dass Vorstandsmitglieder von Mercedes-Benz den Einsatz der festgestellten unzulässigen Abschalteinrichtungen angeordnet oder gebilligt hätten.

Darüber hinaus betonte das Gericht in Stuttgart, dass sein Urteil keine direkte Verurteilung von Mercedes zur Zahlung eines spezifischen Schadensersatzes beinhaltet. Vielmehr müssen die Ansprüche der Verbraucher in individuellen Klagen geltend gemacht werden. Die Erfolgschancen für Einzelklagen der betroffenen Fahrzeuge sind aufgrund des OLG Urteils deutlich gestiegen.

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