Drohendes Fahrverbot für Volvo-Diesel: KBA fordert Rückruf wegen Abgasmanipulation

Volvo hat den Diesel-Motor längst hinter sich gelassen und konzentriert sich auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Doch nun sieht sich der schwedische Autobauer mit einer Altlast konfrontiert: Wegen einer Abgasmanipulation drängt das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) seit 2023 auf einen Rückruf und verschärft nun die Maßnahmen. Was bedeutet das für betroffene Kunden?

Steht Volvo nach Jahren endlich vor einem neuen Abgasskandal, obwohl die große Rückrufwelle bei Herstellern wie VW, Audi und Mercedes längst abgeschlossen schien? Das Kraftfahrt-Bundesamt bestätigte gegenüber FOCUS Online, dass Volvo rund 1700 Modelle des XC60 wegen manipulierter Abgasreinigung zurückrufen muss. Das KBA erklärte, dass der Hersteller verpflichtet wurde, in den kommenden zwei Monaten jeden Halter direkt zu kontaktieren. Die betroffenen Fahrzeugtypgenehmigungen wurden damals durch die spanische Typgenehmigungsbehörde erteilt. Es handelt sich dabei um den Volvo XC60 2.0 Diesel Euro 5 (Typ D, 120 kW, Frontantrieb, Erstzulassung etwa März 2011 bis April 2013).

Der Grund für den Rückruf ist eine unzulässige Abschalteinrichtung, die im Rahmen von Marktüberwachungsprüfungen durch das KBA entdeckt wurde. Laut der Behörde erfolgt bei den Fahrzeugen eine Reduzierung der Abgasrückführung, die abhängig von der Außentemperatur variiert. Dies führt dazu, dass die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems in Bezug auf Stickoxide verringert wird, wodurch die Abgasreinigung über weite Teile des Jahres hinweg nicht optimal funktioniert.

Volvo muss manipulierte Diesel-SUV zurückrufen: KBA ordnet Rückruf an

Volvo sieht sich mit einem Rückrufkonflikt konfrontiert, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die von den Behörden genehmigte Abgasreinigung für viele Dieselfahrzeuge rückwirkend für ungültig erklärt hat. Dies folgt auf die Forderungen des Umweltverbandes Deutsche Umwelthilfe (DUH), der bereits lange auf die Stilllegung von Millionen von Diesel-Pkw drängt. Sollte dies umgesetzt werden, könnten betroffene Fahrzeuge für ihre Besitzer wertlos werden, da sie nicht mehr betrieben werden dürften.

Im Fall von Volvo hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Rückruf von Diesel-SUV-Modellen angeordnet, da eine unzulässige Abgasmanipulation festgestellt wurde. Obwohl der Bescheid gegen den Autobauer noch nicht rechtskräftig ist, hat das KBA die sofortige Vollziehung des Rückrufs angeordnet. Ein Volvo-Sprecher bestätigte gegenüber FOCUS online, dass die betroffenen Fahrzeughalter innerhalb der nächsten zwei Monate angeschrieben werden sollen. Anschließend bleibt Volvo 16 weitere Monate Zeit, die unzulässige Abgasreinigung durch Software- oder andere Updates zu entfernen – ähnlich wie es bei den Diesel-Skandalen anderer Hersteller, wie Volkswagen, erforderlich war.

Trotz der Rückrufmaßnahme widerspricht Volvo jedoch den Medienberichten, die ein drohendes Fahrverbot für die betroffenen Fahrzeuge prognostizieren. Auch das KBA kann aktuell kein Fahrverbot bestätigen. Laut Volvo müssen die Fahrzeugbesitzer derzeit keine weiteren Schritte unternehmen. Zudem betont der Hersteller, dass die rechtliche Argumentation des KBA nicht nachvollzogen werden kann und kündigte an, gegen den Bescheid vorzugehen.

Rechtsexperte warnt vor umfassenden rechtlichen Folgen für Volvo-Diesel

Der auf Abgasskandale spezialisierte Rechtsanwalt Markus Klamert geht davon aus, dass der Rückruf von Volvo-Dieselmodellen nicht der endgültige Schritt in diesem Fall sein wird. „Diese Fahrzeuge hätten niemals eine Typgenehmigung erhalten dürfen. Sie sind illegal. Punkt.“ Klamert kritisiert, dass Volvo die ihm eingeräumte Anhörungsfrist verstreichen ließ, ohne die Mängel zu beheben, was seiner Ansicht nach als vorsätzliches Wegsehen oder als Missachtung des deutschen und europäischen Zulassungsrechts zu werten sei. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe daraufhin einen bindenden Rückrufbescheid erlassen, der den ersten Schritt zur endgültigen Stilllegung aller betroffenen Fahrzeuge darstelle.

Klamert bezieht sich auf interne Prüfungen der Behörde und stellt die Behauptung auf, dass alle Volvo-Dieselmodelle betroffen seien. Laut seiner Einschätzung wurden rund 130.000 Fahrzeuge in Deutschland illegal in Verkehr gebracht, weshalb deren Betriebserlaubnis objektiv nichtig sei und die Zulassung somit rechtswidrig. Das KBA spricht jedoch bisher lediglich von 1700 betroffenen Fahrzeugen.

FOCUS online-Rechtsexperte Marco Rogert, der zahlreiche Prozesse im Abgasskandal geführt und erfolgreich abgeschlossen hat, sieht eine mögliche Klagewelle auf Volvo zukommen. „Im Fall Volvo könnte sich ein besorgniserregendes Déjà-vu abzeichnen: Softwarebasierte Abschalteinrichtungen, die im Prüfstandsbetrieb ein anderes Emissionsverhalten zeigen als auf der Straße, stehen wieder im Raum.“ Rogert warnt, dass, sollte sich der Verdacht erhärten, für den Hersteller erhebliche Haftungsrisiken drohen, vor allem gegenüber Verbrauchern, die sich auf die Umweltversprechen von Volvo verlassen haben. Er erinnert daran, dass der Gesetzgeber aus dem VW-Skandal gelernt habe und auch die Gerichte nun wachsam sind – eine Entwicklung, die Volvo ernst nehmen sollte.

Volvo steht vor enormem Aufwand: Mögliche Rückrufaktion könnte komplex werden

Volvo hat sich bereits vollständig vom Dieselantrieb verabschiedet und setzt nun ausschließlich auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Doch falls der schwedische Hersteller tatsächlich gezwungen wird, in Deutschland und möglicherweise auch in anderen Ländern Hunderttausende Diesel-Fahrzeuge zu überarbeiten, könnte das eine enorme Herausforderung darstellen. Nach Informationen von FOCUS online könnte es schwierig für Volvo werden, diese Aufgabe zu bewältigen, da der zur chinesischen Geely-Gruppe gehörende Hersteller womöglich keine ausreichenden Entwicklungskapazitäten mehr hat, um die nötigen Software- oder Hardware-Updates zu entwickeln und zu testen.

Der Aufwand für die Umsetzung dieser Änderungen wäre erheblich, insbesondere da es sich um eine umfangreiche Überarbeitung von Fahrzeugen handelt, die teils schon Jahre auf dem Markt sind. Es bleibt abzuwarten, wie Volvo diese Herausforderung bewältigen wird, während das KBA weiterhin auf die Beseitigung der Abgasmanipulation drängt.

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