Die juristische Niederlage von VW im Diesel-Abgasskandal ist besiegelt.
Das letzte Bollwerk von Volkswagen ist gefallen: Jetzt folgen auch die Landgerichte Braunschweig und Hannover, die bislang überwiegend im Interesse des Autokonzerns geurteilt hatten, dem klaren Votum des Bundesgerichtshofs (BGH). Das Landgericht Hannover sprach unserer Mandantin Schadenersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung zu. Ein Richter des Landgerichts Braunschweig kündigte in einem Beschluss an, seine Pro-VW-Haltung wohl oder übel aufzugeben.
Deutlich mehr als 100 Gerichte In Deutschland haben im VW-Abgasskandal den getäuschten Dieselkäufern recht gegeben und Volkswagen zu Schadenersatz verurteilt. Nicht so die „VW-Hausgerichte“ in Braunschweig und Hannover. Selbst ein Hinweisbeschluss, in dem der BGH Manipulationen der Emissionskontrolle als Mangel wertete (08.01.2019, Az. VIII ZR 225/17, gab den dortigen Zivilkammern nicht zu denken. Die Kehrtwende erfolgte erst nach dem höchstrichterlichen Urteil vom 25.05.2020, welches klarstellte, dass VW seine ahnungslosen Kunden über Jahre hinweg und strategisch geplant in besonders verwerflicher Weise vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat.
Landgericht Hannover: Software-Update mindert Schaden nicht
Dieser Rechtsauffassung schloss sich nun auch das Landgericht Hannover an, das im Abgasskandal bislang nicht durch besonders verbraucherfreundliche Urteile aufgefallen ist. Im Fall eines VW Golf 1.6 TDI verurteile es Volkswagen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB zur Rücknahme des Fahrzeugs und Rückerstattung des Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungspauschale. Auch ein aufgespielte Software-Update führe nicht dazu, dass der Schaden entfalle, so die Richterin. Der Käuferin des VW Golf sprach neben dem Schadenersatz auch deliktische Zinsen zu (05.06.2020, Az. 7 O 164/19).
Braunschweiger Richter beugt sich dem BGH-Votum nur unwillig
Ebenso bemerkenswert sind die Äußerungen eines Richters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig in einem Beschluss vom 02.06.2020 (Az. 11 O 4083/18 (978). Vor diesem Gericht werden die meisten Klagen gegen VW verhandelt. Der Richter setzte sich detailliert und kritisch mit dem BGH-Urteil auseinander und kommt zu dem Schluss: „Die Entscheidung erscheint teilweise überraschend, ergänzungsbedürftig, ja einmal sogar fragwürdig.“ Die eigene VW-freundliche Rechtsauffassung hinterfragt er nicht. Dennoch beugt er sich am Ende dem Votum des BGH – wenn auch unwillig und zähneknirschend: „Trotz aller aufgeführten Punkte scheint die vom BGH vertretene Rechtsauffassung im Ergebnis nicht unvertretbar. Vor diesem Hintergrund wird der Unterzeichner seine bisherige Rechtsauffassung aufgeben.“ Auch das Handelsblatt hat mittlerweile ausführlich über die Kehrtwende der Gerichte berichtet.
„Mit dem Hannoveraner Urteil und dem Braunschweiger Beschluss ist die endgültige juristische Niederlage von Volkswagen besiegelt. Für alle betrogenen VW-Kunden und den Verbraucherschutz ist das ein großer Tag. Vor allem die klare Kehrtwende bei dem von uns vertretenen Fall in Hannover freut uns sehr. Wir erwarten nun, dass der Bundesgerichtshof bei den weiteren Verhandlungen im Juli, bei denen es u. a. um deliktische Zinsen und Verjährung geht, ebenso verbraucherfreundliche Signale sendet, damit alle geschädigten Dieselkäufer endlich zu ihrem Recht kommen. Besonders spannend wird dabei der Termin am 21. Juli. Denn dann steht ein Pro-VW-Urteil des eher pro VW argumentierenden Oberlandesgerichts Braunschweig zur Revision an.“
Partner Dr. Marco Rogert
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