OLG Oldenburg mit bahnbrechendem Urteil pro Verbraucher.
Als erstes Oberlandesgericht überhaupt hat OLG Oldenburg Mitte Januar entschieden, dass einem Kläger im VW Abgasskandal Schadensersatz zusteht, obwohl das Fahrzeug fünf Monate nach allgemeinem Bekanntwerden der Manipulationen gekauft wurde. Der Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung bleibe dennoch bestehen. Mit diesem Urteil ändert sich voraussichtlich die Rechtslage für alle bisherigen und zukünftigen Verfahren im Abgasskandal. Das Thema der Verjährung wäre nach der Sichtweise des jüngsten Urteils vollkommen neu zu bewerten.
Am 16. Januar 2020 hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden, dass Volkswagen Schadensersatz an den Käufer eines mit der unzulässigen Motorsteuerungssoftware ausgestatteten VW Caddys leisten muss. Die Urteilsbegründung birgt einiges an Sprengkraft: Denn die mögliche Kenntnis des Käufers über den Abgasskandal spielt nur eine nachrangige Rolle, VW muss wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung dennoch haften.
„Dies ist ein bahnbrechendes Urteil für die Verbraucher, da mehrere hunderttausend Betroffene nun ebenfalls Schadensersatz von der Volkswagen AG verlangen können“, kommentierte Rechtsanwalt Dr. Marco Rogert. Mit diesem Urteil stelle sich nun eine komplett neue juristische Sachlage im Abgasskandal dar. Nun können zahlreiche VW-Kunden, deren Dieselfahrzeuge unzulässig in Verkehr gebracht wurden, neue Hoffnung schöpfen, dass ihnen ebenfalls Recht auf Schadensersatz zugesprochen wird.
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
In dem Verfahren (Aktenzeichen: 14 U 166/19 OLG Oldenburg) ging es um einen VW Caddy, den der Kläger im Februar 2016 erworben hatte, also fünf Monate nach offizieller Bekanntgabe des VW Abgasskandals. Der Senat verurteile den Wolfsburger Autokonzern auf Zahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung. VW hat laut Gericht den Tatbestand der vorsätzlich sittenwidrigen Handlung erfüllt, indem das Unternehmen das Fahrzeug mit dem EA 189-Motor mit der verbotenen Abschaltautomatik in den Verkehr gebracht hat.
VW hat die Ahnungslosigkeitder Verbraucher ausgenutzt
Der Schaden des Verbrauchers liegt bereits im Abschluss eines ungewollten Vertrages. Der Autohersteller habe die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt. Diese Gesinnung sowie die Inkaufnahme der mit dem erhöhten Stickoxid-Ausstoß riskierten Umwelt- und Gesundheitsschäden lassen das Verhalten von Volkswagen insgesamt sittenwidrig erscheinen.
Auf diese Sachlage hat auch die Ad-Hoc Mitteilung des Konzerns vom Herbst 2015 keine Auswirkung. Denn nachträgliche Änderungen wie die aufklärende Maßnahme der Ad-Hoc Mitteilung haben auf die zivilrechtliche Haftung des Konzerns keinen Einfluss, wenn der Schaden dennoch eintrete. Das Gericht argumentiert, dass es analog zum Strafrecht nicht angemessen sei, bei einem beendeten Versuch Rücktrittsbemühungen des Täters mit Straflosigkeit zu belohnen, wenn sie im Ergebnis ohne Erfolg bleiben und die „Tat“ dennoch vollendet wird. Dass das Risiko der gegebenenfalls den Einzelnen nicht erreichten Aufklärungsmaßnahme der VW AG dem geschädigten Käufer angelastet wird, erscheint laut Gericht nicht sachgerecht.
„Die Karten werden neu gemischt“
Zusätzlich erhält der Kläger vier Prozent Deliktzinsen auf den Bruttokaufpreis minus der Nutzungsentschädigung ab dem Kauf. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann derjenige, dem Geld deliktisch entzogen worden ist, die Verzinsung des Betrages ab dem Zeitpunkt verlangen, zu dem ihm der Betrag entzogen worden ist. Fazit von Dr. Rogert: „Die Karten für Käufer betroffener Fahrzeuge, deren Erwerb nach der Pressekonferenz von Prof. Winterkorn im September 2015 stattfand, werden komplett neu gemischt. Wir freuen uns, dass wir unsere Vorreiterrolle im Abgasskandal erneut bestätigen können.“ Alle Betroffenen sollten jetzt zeitnah ihre Ansprüche von Rogert und Ulbrich, der führenden Kanzlei im Abgasskandal, prüfen lassen.
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