Seit Juli fordert das Kraftfahrtbundesamt (KBA) Aufklärung seitens Mercedes-Benz über kritische und mutmaßlich unzulässige Abschalteinrichtungen des V6-Dieselmotors OM642. Das KBA hat 3 Abschalteinrichtungen identifiziert und als „kritisch bzw. als unzulässig“ bewertet.
Motor OM642: KBA bemängelt 3 Abschalteinrichtungen
Eine der Abschalteinrichtungen begrenzt die Funktion der Abgasreinigungsanlage auf einen spezifischen Temperaturbereich, was als „Thermofenster“ bekannt ist und vom Europäischen Gerichtshof als unzulässig erklärt wurde. Eine andere Abschalteinrichtung bewirkt, dass abhängig von bestimmten Fahrbedingungen unterschiedliche Mengen der Harnstoff-Lösung AdBlue in die Abgasreinigungsanlage eingespritzt werden. Eine dritte Abschalteinrichtung macht die Wirksamkeit des SCR-Katalysators von der Temperatur der angesaugten Luft bei der Abgasreinigung abhängig.
Insbesondere E-Klasse Limousinen betroffen
Im speziellen Fall handelt sich um eine Mercedes-E-Klasse Limousinen 350 Blue TEC mit Euro 6-Dieselmotor. Laut KBA befindet sich das Modell bereits seit 2019 in einer freiwilligen Software-Update Maßnahme des Herstellers. Bereits in der Vergangenheit boten Fahrzeughersteller freiwillige Servicemaßnahmen an, die jedoch nach einiger Zeit verpflichtend wurden.
Die zuständige Behörde kann dann einen zwangsweise Stilllegung Ihres Fahrzeuges erzwingen. Falls dieser nicht erfolgt, besteht im schlimmsten Fall die Gefahr einer Betriebsuntersagung und Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge.
Die genaue Anzahl der betroffenen Fahrzeuge mit dem Motortyp OM642 ist noch unklar. Die E-Klasse ist aber eines der meistverkauften Modelle des Konzerns in Deutschland. Bis zum 27. Juli sollte der Automobilhersteller dem KBA „geeignete Abhilfemaßnahmen“ mitteilen. Das Unternehmen hat aber eine Fristverlängerung beantragt.
Die im Abgasskandal als Pioniere geltend Kanzlei Rogert & Ulbrich weiß, dass der Motortyp OM642 nicht nur in der E-Klasse verbaut ist. Ihr Mercedes könnte daher ebenfalls betroffen sein.
BGH stärkt die Verbraucherrechte
Gemäß Urteil des Bundesgerichtshofs aus Juni 2023 bestehen gute Aussichten auf Schadensersatz, da sämtliche Hersteller bereits für den Einbau illegaler „Thermofenster“ haftbar gemacht werden kann, selbst wenn nur Fahrlässigkeit und kein Vorsatz vorliegt (Aktenzeichen VIa ZR 1031/22).
Finanzielles Desaster für Mercedes-Benz
Der Dieselskandal kam den Autobauer bereits teuer zu stehen. 2019 verhängte die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine Rekordgeldstrafe in Höhe von 870 Mio. Euro. In den USA kosteten die außergerichtlichen Einigungen rund 1,3 Milliarden Euro. Zudem wurden in den USA 590 Mio. Euro und in Kanada 175 Mio. Euro für die Beilegung von Sammelklagen gezahlt.
Deswegen bildet die Mercedes-Benz Group AG, vormals Daimler AG, laut der hauseigenen Geschäftsberichte massive Rückstellungen für Haftungs- und Prozessrisiken sowie behördliche Verfahren:
- 2,1 Mrd. € in 2018 (Geschäftsbericht, Seite 88)
- 4,9 Mrd. € in 2019 (Geschäftsbericht, Seite 88)
- 4,6 Mrd. € in 2020 (Geschäftsbericht, Seite 67)
- 2,6 Mrd. € in 2021 (Geschäftsbericht, Seite 83)
- 2,8 Mrd. € in 2022 (Geschäftsbericht, Seite 77)
Veröffentlichung sämtlicher Abgasmessungen gefordert
Die Kanzlei Rogert & Ulbrich schließt sich dem Appell der Deutschen Umwelthilfe (DUH) an und fordert die Veröffentlichung sämtlicher Abgasmessungen und Dokumente zu „amtlich festgestellten Abschalteinrichtungen“ durch das Bundesverkehrsministerium, um den rund 10 Millionen Besitzern von Betrugsdieseln zu helfen.
Veröffentlichung sämtlicher Abgasmessungen gefordert
Am 21.09.2023 geht die Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz Group AG in die nächste Runde. Dabei klagt die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) für tausende geschädigte Mercedes-Benz-Halter, die ein Modell mit dem Motortyp OM651 besitzen.
Rogert & Ulbrich empfiehlt
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