Neuer Beweisbeschluss OLG Celle im Abgasskandal.
Es deutet vieles darauf hin, dass Volkswagen seinen Motor mit der Bezeichnung EA288 ebenfalls mit einer illegalen Abschaltvorrichtung ausgestattet hat. Bisher konnte der Volkswagen-Konzern die Gerichte davon abbringen genauer hinzuschauen.
Doch dem OLG Celle war die Argumentation des Volkswagen-Konzerns zu dürftig. Der 7. Senat ordnete in einem von uns geführten Verfahren in einem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 14. Juli 2020, Az. 7 U 532/18 an, dass das Kraftfahrtbundesamt offenzulegen möge, ob Volkswagen alle Fakten zur eingesetzten Software vollständig und wahrheitsgemäß dargelegt hat.
Hat Volkswagen das KBA getäuscht?
Vorrangig geht es dabei um die Frage, ob die Software zur Steuerung der Abgasreinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält, über deren Vorhandensein das KBA von Volkswagen getäuscht wurde. Denn dann wäre das Genehmigungsverfahren rechtswidrig erfolgt und die mit dem EA 288 versehenen Fahrzeuge hätten weder zugelassen geschweige denn verkauft werden dürfen.
Beweisbeschluss: KBA muss offiziell Auskunft geben
Im Rahmen des Beweisbeschlusses soll zunächst das KBA mittels einer amtlichen Auskunft darlegen, ob:
- es den Dieselmotor EA288 nach Abschluss des EG-Typengenehmigungsverfahrens auf das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung überprüft hat – und wenn ja, mit welchem Ergebnis
- in dem Tiguan des Klägers eine unzulässige Abschalteinrichtung eingesetzt ist
- die diese Abschalteinrichtung die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringert, so dass die installierte Software anhand des Lenkwinkels, der Temperatur und der Zeiterfassung erkennt, ob sich das Fahrzeug im NEFZ-Prüfzyklus befindet – und ob infolge einer solchen Zykluserkennung eine kurzfristige Optimierung der Abgasnachbehandlung auf dem Prüfstand erfolgt
- ggf. vorhandene Abschalteinrichtungen für den Motorschutz und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig sind, ob sie nicht länger arbeiten als für den Motorschutz erforderlich und ob die Bedingungen in den Prüfverfahren des Emissionsverhaltens im Wesentlichen enthalten sind
- solche ggf. vorhandenen Abschalteinrichtungen vom Hersteller verschwiegen oder durch unvollständige Angaben verheimlicht wurden.
Sollte für den Senat eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sein, so soll durch einen gutachterlich festgestellt werden, ob
- in dem Tiguan des Klägers eine Abschalteinrichtung verbaut ist
und ob
- in dem Fahrzeug ein Thermofenster wirksam ist, das die Abgasnachbehandlung bei Temperaturen unter 17 °C und über 30 °C so stark reduziert, dass im Normalbetrieb wesentlich mehr Stickoxide ausgestoßen werden als auf dem Prüfstand?
Wir rechnen fest damit, dass der Beweisbeschluss Licht ins Dunkel bringen und bestätigen wird, dass Volkswagen auch beim EA 288 Behörden und Kunden getäuscht hat.
„Eigentlich wäre es die Pflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes gewesen, den Diesel-Abgasskandal aufzuklären, doch die Behörde hat bislang wenig dazu beigetragen. Umso größer ist das Verdienst von unabhängigen Medien und Gerichten, die sich damit befassen. Daher begrüßen wir den Beweisbeschluss aus Celle, denn jetzt muss das Kraftfahrt-Bundesamt offiziell Rede und Antwort stehen. Wir rechnen fest damit, dass das Ergebnis des Beweisbeschlusses bestätigen wird, was investigative Recherchen unabhängiger Medien und Gerichtsbeschlüsse bereits belegen: Volkswagen hat auch beim EA288 seine Kunden getäuscht. Betroffene Dieselkäufer sollten sich anwaltlich beraten lassen, um ihre Schadensersatzforderungen durchzusetzen.“
Partner Dr. Marco Rogert
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