BMW sieht sich gezwungen, 1,5 Millionen Fahrzeuge aufgrund von Problemen mit dem Bremssystem zurückzurufen. Nach einem schweren Unfall wurde nun eine Anklage erhoben.
München – Diese umfangreiche Rückrufaktion, die 1,5 Millionen Fahrzeuge betrifft, hat für BMW erhebliche finanzielle Konsequenzen und sorgt für negative Medienberichterstattung. Hintergrund ist ein potenzieller Defekt im Bremssystem, von dem zahlreiche Modelle, auch in Deutschland, betroffen sind. Diese Sicherheitsmaßnahme soll (schwere) Unfälle vermeiden, jedoch ist genau das anscheinend bereits geschehen: Ein schwerer Unfall mit einem noch nicht zurückgerufenen BMW-Modell bringt den Münchener Premiumhersteller in ein negatives Licht.
In dem von der Bild aufgegriffenen Vorfall war ein BMW X7 in Tschechien in einen Unfall verwickelt, nachdem der Fahrer aus Deutschland plötzlich stark bremsen musste.
BMW-Rückruf: Fahrzeug verunfallt in Tschechien
Der 34-Jährige war mit seiner Partnerin und zwei Hunden im Urlaub, als auf einer Autobahn die Bremskraft versagte und erheblich beeinträchtigt war. Trotz eines angeblich 200 Meter langen Bremsweges konnte der Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug nicht verhindert werden, glücklicherweise blieben die Insassen jedoch unverletzt.
Laut dem Bericht wurde der Vorfall auch dadurch begünstigt, dass es sich um einen auf 120 km/h begrenzten Streckenabschnitt handelte. Das Bremsproblem, das zum Rückruf der BMW-Fahrzeuge führte, betrifft sowohl das Antiblockiersystem (ABS) als auch die dynamische Stabilitätskontrolle (DSC) und kann die Sicherheit der Insassen sowie anderer Verkehrsteilnehmer gefährden.
BMW und die fehlerhaften Bremsen: Bericht über verspätetes Rückrufschreiben
Der Besitzer eines 2,5 Tonnen schweren SUVs von BMW hatte das Fahrzeug Monate vor dem Unfall erworben. Die Reaktion des Autoherstellers war angeblich unzureichend: Trotz einer bestehenden Mobilitätsgarantie wurde der Fahrer zunächst auf die Bahn verwiesen, da das Auto nicht mehr fahrbereit war.
Darüber hinaus erhielt der Mann drei Tage nach dem Unfall überraschend ein offizielles Rückrufschreiben, in dem auf das Problem mit dem Integrierten Bremssystem (IBS) hingewiesen wurde. Die erforderliche und mutmaßliche Erklärung für den Unfall erreichte ihn also verspätet.
Bremsprobleme bei BMW: Unfallfahrer klagt gegen den Premiumhersteller
Laut Berichten von Bild sorgt die Reaktion von BMW auf eine entsprechende Anfrage für Verwirrung. Zunächst erklärte der Hersteller, dass nach der Überprüfung des Unfallwagens kein technischer Defekt am Bremssystem festgestellt werden konnte. Nur wenige Tage später erhielt der Fahrer die überraschende Mitteilung, dass das Bremssystem seines X7 (M-Version) ausgetauscht werden müsse. Der Vorwurf lautet, BMW habe versucht, den technischen Defekt im Zusammenhang mit dem Unfall zu verbergen. „Ich wäre fast gestorben“, wird der Unfallfahrer zitiert, der nun rechtliche Schritte gegen den Hersteller eingeleitet hat.
Sittenwidrigkeit oder Fahrlässigkeit?
Stellt ein Gericht Sittenwidrigkeit fest, haben Autokäufer die Möglichkeit, das Fahrzeug an den Hersteller zurückzugeben. In diesem Fall erhalten sie den Kaufpreis abzüglich der bisherigen Nutzung des Fahrzeugs zurück.
Bei fahrlässigem Handeln seitens des Herstellers greift der Differenzschaden: Unter bestimmten Voraussetzungen können die Käufer bis zu 15 Prozent des Kaufpreises zurückerhalten, ohne ihr Fahrzeug zurückgeben zu müssen. Diese Regelung ermöglicht es den Käufern, eine finanzielle Entschädigung für den erlittenen Schaden zu erhalten, ohne das Fahrzeug aufgeben zu müssen.
BMW-Bremsprobleme betreffen zahlreiche Modellreihen
Eine Münchner Anwaltskanzlei hat für den betroffenen Fahrer rechtliche Schritte eingeleitet und den Rücktritt vom Autokauf erklärt. Das Vertrauen in das Fahrzeug sei unwiderruflich zerstört, und der Fahrer möchte sich nicht erneut in eine derartige Gefahr begeben. Neben den Rückrufen bereits verkaufter Fahrzeuge hat BMW zudem einen Auslieferungsstopp für rund 400.000 Neuwagen verhängt. Diese Fahrzeuge, zu denen neben dem X7 auch zahlreiche andere Modellreihen gehören, dürfen erst nach der Installation eines Software-Updates und gegebenenfalls dem Austausch des Bremssystems ausgeliefert werden.
Rückruf bei BMW: Handlungsmöglichkeiten für Autokäufer betroffener Modelle
Laut BMW werden diese Maßnahmen mehrere Monate in Anspruch nehmen, da die benötigten Ersatzteile derzeit knapp sind. Neuwagenkäufer müssen außerdem ein Informationsschreiben unterzeichnen, das sie über den Mangel und die erforderlichen Reparaturen informiert.
Für BMW-Kunden, deren Fahrzeuge von den Mängeln betroffen sind, bestehen rechtliche Optionen: Die gesetzliche Sachmängelhaftung gilt in der Regel zwei Jahre ab dem Kaufdatum. Fahrzeuge, die 2022 erworben wurden, können daher bis Ende 2024 reklamiert werden.
In einem Schreiben der Anwaltskanzlei wird den Kunden das Recht eingeräumt, den Kaufpreis zu mindern oder vom Vertrag zurückzutreten. In bestimmten Fällen kann auch Schadensersatz geltend gemacht werden, insbesondere wenn dem Hersteller ein Verschulden nachgewiesen werden kann.
BMW-Rückruf betrifft in Deutschland rund 150.000 Modelle
Laut Hersteller sind die Probleme mit dem BMW-Bremssystem allein in Deutschland bei etwa 150.000 Modellen festgestellt worden. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, dass zwischen drei und fünf Prozent der von Continental gelieferten Bauteile fehlerhaft sind, weshalb alle betroffenen Fahrzeuge überprüft werden müssen. Aufgrund mehrerer Probleme hat der Münchner Autobauer seine Absatz- und Gewinnerwartungen für 2024 erheblich gesenkt. Neben dem Rückruf wegen des Bremssystems sind auch die schwachen Verkaufszahlen in China dafür verantwortlich.
Der Gewinn vor Steuern wird voraussichtlich im Vergleich zum Vorjahr um mindestens zehn Prozent zurückgehen.