Die Einführung der „E-Patientenakte für alle“ weckt Begehrlichkeiten. Laut Merz (CDU) könnte Privatsphäre künftig kostenpflichtig werden. Wer Bedenken hinsichtlich des Schutzes seiner Daten hat, müsste dafür tief in die Tasche greifen. Der Start der „elektronischen Patientenakte für alle“ lässt zunehmend erahnen, in welche Richtung es mit den Gesundheitsdaten gehen könnte. Während Polizeibehörden Zugang zu diesen Daten im Rahmen der Strafverfolgung anstreben, schlägt Friedrich Merz (CDU) in einer Wahlkampfrede vor, dass diejenigen, die ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen, finanziell profitieren könnten. Obwohl dieser Vorschlag nicht Teil des Wahlprogramms ist, lässt er die Idee durchblicken und gibt potenziellen Wählern einen Einblick in seine Überlegungen.
Merz erklärte, dass diejenigen, die ihre gesamten Gesundheitsdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte speichern, 10 Prozent weniger Krankenversicherungsbeiträge zahlen würden als diejenigen, die Bedenken haben und ihre Daten nicht teilen möchten. Diese Aussage stieß auf Kritik, unter anderem von der Sicherheitsforscherin Bianca Kastl auf Mastodon. Sie warnt, dass finanzielle Anreize zum Speichern von Gesundheitsdaten nur dazu führen würden, bestehende Ungleichheiten im Gesundheitswesen zu verstärken. Menschen ohne diskriminierte Diagnosen könnten von Ersparnissen profitieren, während diejenigen, die nicht das Vertrauen haben, ihre Gesundheitsdaten digital preiszugeben, zusätzlich finanziell belastet werden. Kastl sieht darin einen Teufelskreis, der vor allem Menschen mit stigmatisierenden Krankheiten betrifft, die für den Schutz ihrer Privatsphäre nun auch noch extra zahlen müssten.
Datenschätze im Fokus: Merz und Microsoft über die Nutzung von Daten für Produktivitätssteigerungen
Laut Merz wird in der Debatte um Datenschutz häufig mehr gesprochen als über die Nutzung von Daten, obwohl die Bevölkerung in diesem Bereich bereits weiter ist als die Politik. In diesem Zusammenhang erwähnte der Kanzlerkandidat der CDU/CSU ein Gespräch mit Microsoft-Chef Satya Nadella während des vergangenen Weltwirtschaftsforums. Nadella erklärte dabei, dass der deutsche Mittelstand in seinen Unternehmen einen „großen Schatz“ an Daten besitze – von denen, die in der Produktion, im Vertrieb, im Einkauf, im Personalmanagement und in vielen anderen Bereichen gesammelt werden. Wenn diese Daten richtig in Kombination mit Künstlicher Intelligenz genutzt werden, könnten Produktivitätssteigerungen erzielt werden. Allerdings bleibt unklar, wie sich diese Erkenntnisse auf die Nutzung von Gesundheitsdaten übertragen lassen. Klar ist jedoch, dass Microsoft auch in Deutschland mit Programmen wie Dragon Ambient Experience werbt und seine Software zunehmend in Krankenhäusern eingesetzt wird.
Kostet Datenschutz bald extra?
Bereits in der Vergangenheit hatten Experten angemerkt, dass Versicherte ihre Daten an die Krankenkassen verkaufen könnten, wie der Tagesspiegel Background berichtete. Diese Daten gelten als besonders wertvoll. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte immer wieder auf den ungenutzten und wachsenden Datenschatz hingewiesen, der mit der elektronischen Patientenakte und dem Forschungsdatenzentrum Gesundheit verbunden ist – ein Schatz, an dem auch Microsoft Interesse habe. Lauterbach verfolgt mit einer einzigartigen Dateninfrastruktur das Ziel, Deutschland wieder an die Weltspitze zu bringen. Im Rahmen seiner Pharmastrategie hatte der Minister neben dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) auch das Medizinforschungsgesetz eingeführt, um dafür zu sorgen, dass Pharmaunternehmen ihre Standorte wieder in Deutschland ansiedeln.